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Haarblüten und Kunstblumen – Erinnerungsbilder an Lebensstationen

Hochzeit und Tod, dazwischen Erstkommunion und Konfirmation – Wendepunkte im Leben werden auch heute festlich begangen. Zur Erinnerung an diese Ereignisse gestaltete man im 19. und frühen 20. Jahrhundert Gedenkbilder und hängte sie in der guten Stube an die Wand. Sie sind mit Kunstblumen aus Textil und Blüten und Blättern aus menschlichen Haaren geschmückt, zeigen Fotografien von Brautpaaren und Verstorbenen, verraten auf Zetteln die Namen der Erinnerten und verkünden Glückwünsche und Trostsprüche. Haare wurden bereits in der Antike den Göttern und den Toten geopfert, aber nur im Biedermeier und in der Gründerzeit wurden sorgfältig vorbereitete Haarsträhnen kunstvoll mit feinem Draht zu floralen Gebilden verarbeitet.

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Gedenken an Sophie Schmuziger um 1870–1890

Gedenken an Sophie Schmuziger um 1870–1890

Das Profilbild einer jungen Frau im Kleid des späteren 19. Jhs. mit «cul de Paris», als Kniestück-Silhouette aus schwarzem Papier ausgeschnitten, ist von einem aus vier Strähnen geflochten, ca. 75 cm langen, blonden Zopf, der zu einem Kreis gelegt wurde, eingerahmt. Wahrscheinlich war es der Zopf der Porträtierten, die einen solchen auf dem Hinterkopf zu einem großen Dutt zusammengesteckt trägt. Ihr Name war Sophie Schmuziger, wie ihre Schwester auf der Rückseite vermerkt hat – möglicherweise hat diese auch das Gedenkbild veranlasst. Details wie Gesichtszüge, Haarsträhnen, Falten und Verzierungen des Kleids sind durch Einkerbungen dargestellt, Ohrring und Gürtelschnalle aus Goldfolie ausgeschnitten. Die aus Textilband hergestellte Trauerrosette unten auf dem Zopf zeigt, dass es sich um ein Erinnerungsbild an eine Verstorbene handelt.

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Blumenkorb 19. Jh.

Blumenkorb 19. Jh.

Aus einem Korb, gebildet aus einem textilbeschichteten Stück Karton, das mit Abschnitten aus goldener Prägebordüre aus Papier besetzt ist, kommen zwei Äste hervor, die üppig mit Blüten, Knospen, Früchten und Blättern aus Haaren (hellblond, aschblond, dunkelblond) von vielleicht drei Personen besetzt sind. Die Haare sind in Schlaufen- und Schlingentechnik verarbeitet und mit goldenen Perlen verziert. Weiter wurden aus kurz abgeschnittenen Haarbüscheln Kugeln geformt. Zu welchem Anlass das Erinnerungsbild geschaffen wurde, ist nicht ersichtlich. Möglich wäre, dass es ein Geschenk mehrerer Familienmitglieder zur Hochzeit, Silbernen oder Goldenen Hochzeit war, zu dem diese Haar «opferten» und verarbeiten ließen. 

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In Erinnerung an Anna Heeb

In Erinnerung an Anna Heeb

Totengedenkbild der Anna Heeb, geb. 1.10.1902, verst. 20.11.1918 an der Spanischen Grippe.

Das Kastenbild zeigt das Foto und eine Klosterarbeit aus Haaren einer jung verstorbenen Frau aus Mauren. Gemäss der mündlichen Überlieferung in der Familie starb sie an der Spanischen Grippe, als diese mit einer zweiten Welle im Herbst 1918 auch in Liechtenstein viele Opfer forderte. Vermutlich wurde die sehr aufwendige Haararbeit im Kloster Schellenberg angefertigt. Das Kastenbild hing im Gedenken an die Tochter im elterlichen Haus.

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Trauernder Engel vor Grabmal mit Trauerweide in Glassturz

Trauernder Engel vor Grabmal mit Trauerweide in Glassturz

Aus Papiermaché gefertigte Gebirgslandschaft mit blauen Vergissmeinnicht, Moosblumen und Myrten mit anthrazith-farbigem Glitter bestreut. Kapelle mit minarett-artigen Turm, antikisierend gestaltetes Grabmal aus Karton, in verschiedenen Grautönen bemalt (Marmor). Ovale Porträtfotografie, von Goldkordel eingefasst, zeigt unbekannten Toten. Bekrönung des Grabpfeilers eingefasst mit Goldbordüre, liegen Lorbeerkranz sowie Kranz aus schwarzem Trauerflor. Porträt mit Inschrift von Goldborten eingefasst und ein gedruckter Trauerspruch aufgeklebt. An Grabmal gelehnt Wachs-Engel, nachdenklich trauernd die rechte Hand zur Stirn führt. Kurzes rotes Gewand, Säume mit schwarzen Bändern eingefasst, Trauerflor und eine noch brennende Fackel zu Boden hält. Trauerbaum, dessen Stamm mit braun bemalten Papierstreifen umwickelt, das Laub ist aus melierten Haarschlaufen. Die «Vergissmeinnichtblüten» aus blauen und goldenen Glasperlen machen aus der üblichen Trauerweide einen besonderen Trauerbau.

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Familien-Andenken mit Trauerweide um 1869

Familien-Andenken mit Trauerweide um 1869

Für das Familienerinnerungsbild wurde Haar von wahrscheinlich fünf Personen verwendet, weißblondes, hellblondes, mittelblondes, dunkelblondes und braunes. Das Zentrum der Komposition bildet eine Trauerweide aus hellblondem Haar, das, in Schlingentechnik verarbeitet, das Gezweig bildet. Der Stamm ist mit demselben hellblonden Haar umwickelt. Umrahmt wird der Trauerbaum von einem oben offenen Kranz mit Blüten, Blättern, Rispen und Ranken, wieder in Schlaufen- und Schlingentechnik besonders fein gearbeitet. Blüten begegnen in verschiedenen Größen und Formen. Die Blütenzentren sind mit silbernen Perlen akzentuiert. Rings um den Kranz sind die Namen und Funktionen von neun Familienmitgliedern in Frakturschrift in schrägen Stichen mit dunkelbraunem Garn eingestickt: Adolf, Wilhelm, Großvater, Vater, Theodor, Mutter, Großmutter, Emilie, Johann. Als Überschrift des Gedenkbildes ist über der Trauerweide zu lesen: Familien-Andenken 1869. 

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Haarhändlerinnen in Liechtenstein [Liechtensteiner Volksblatt, Nr. 51, 4. April 1954]

Haarhändlerinnen in Liechtenstein [Liechtensteiner Volksblatt, Nr. 51, 4. April 1954]

„Sevelen, eine Minute!“, rief der schweizerische Schaffner. Der Zug hielt an einem einsamen Stationshäuschen in dem breiten Thale, das der junge Rhein durchströhmt, kurz ehe er in den Bodensee fällt. Von der einen Seite blicken die schweizerischen, von der anderen die österreichischen Gebirgsreihen hernieder, rechts und links das Thal hoch umsäumend. Der Zug pfiff von dannen; ich stand mit meinem kleinen Handgepäck auf der einsamen Station, den Blick neugierig nach der Richtung wendend, wo gegenüber, auf der andern Rheinseite das souveräne Fürstenthum Liechtenstein liegen musste, das ich mir vorgenommen hatte zu entdecken….weiterlesen im «Haarblüten und Kunstblumen - Erinnerungsbilder an Lebensstationen» Begleitkatalog zur Sonderausstellung.

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